Archiv für den Monat: Juni 2015

Oberammergau war alternativlos

Oberammergau, 17.8.1957, an Ch. Rumold: „Gestern Abend hab ich im Bett mir alle Möglichkeiten mal wieder durch den Kopf gehen lassen. Wenn es doch nur in Karlsruhe noch einen Holzbildhauer außer dem Kinsler gäbe. Ich empfinde, daß wir zu starke Rivalen geworden sind, denn er hat doch durch den Brändli jetzt eine große Summe Geld verloren und in seinem Prestige vor den umliegenden Bildhauern nicht gerade gewonnen. Das ist doch ein starker Streitstachel gegen mich, wenn ich in seiner Werkstatt wäre und ich habe noch mehr eingebüßt und bliebe ihm gewiß keine Antwort schuldig. Wenn ich auch jetzt keinen solch häßlichen Haß mehr gegen ihn empfinde, so habe ich doch ein Distanzgefühl von Mann zu Mann, das vorerst keine Versöhnungsszenen erlaubt. Ja, und Heimarbeiten zu Hause bei Dir, das schluckt wieder so viel Geld beim verschicken der fertigen Christusse, denn mit angeleimten Armen und zarten Fingern muß jedes Stück gut verpackt werden. Und wenn ich mir jetzt schon Filialen suchen würde, an die ich schwarz liefere und nur von Zeit zu Zeit pro forma an meine Firma hier Arbeiten schicken würde, das möchte ich auch nicht mehr riskieren. Also sinkt man wieder mit einem Seufzer zurück in die Kissen und glaubt an die große Liebe, die ich spüre.“

Nachdem mein Vater aus dem Aalener und Lauchheimer „Exil“, in das er sich auf der Suche nach einer Einkommensquelle nach der Gesellenprüfung  (Mai 1952) geflüchtet hatte, wieder nach Karlsruhe zurückgekommen war, unternahm er einen ersten Versuch, sich mit einer eigenen Holzbildhauer-Werkstatt (im Haus des erwähnten Herrn Brändli) am Karlsruher Hauptfriedhof selbständig zu machen. Sein ehemaliger Lehrmeister Karl Kinsler vereitelte dies, vermutlich indem er die Handwerkskammer darüber informierte, dass da einer ohne die zu diesem Zeitpunkt wieder erforderliche Meisterprüfung selbständig tätig war.

Hitlerjunge Berthold R.

Foto aus dem Nachlass von B. R., vermutlich ist er einer der

Foto aus dem Nachlass von Berthold Rumold – vermutlich ist er einer der abgebildeten Blonden und Blauäugigen.

Wie achtundneunzig Pronzent der deutschen Jugendlichen war auch mein Vater bei der sogenannten Hitlerjugend. Wahrscheinlich gehörte er zu den ersten Zehnjährigen, die nach Einführung der gesetzlichen Dienstregelung 1939 zweimal pro Woche zu Sport, Spiel und ideologischer Indoktrination antreten mussten – in vielen Fällen womöglich auch: durften. Denn mit zehn Jahren sind wir Jungs in der Regel noch ziemlich gesellig und sehen das mit dem Leute-Totschießen eher von der sportlich-spielerischen Seite. In der Endphase des Krieges war mein Vater 15 Jahre alt und hatte damit eine kritische Grenze überschritten, da nach der Notdienstverordung vom Oktober 1938 „jeder Bewohner des Reichsgebietes nach Vollendung des 15. Lebensjahres zu beliebigen, vom Staat bestimmten Diensten herangezogen werden“ konnte. (Wikipedia) Mir ist allerdings nicht bekannt, dass er zu irgendwelchen kriegsdienstartigen Diensten herangezogen worden wäre; ebensowenig weiß ich, ob es ihn damals zu solchen Diensten hingezogen hat oder doch eher nicht. Viele Jahre später, am 31. Oktober 1959, schreibt er jedenfalls in einem Brief aus Oberammergau an seine Frau: „Übrigens habe ich gestern eine Vorladung ‚zur Erfassung des wehrdienstpflichtigen Jahrgangs‘ bekommen. Ich will mal sehen, was die wollen. Ich bin so lange geduldig, bis ich untersucht bin, ob ich überhaupt gesundheitlich tauglich bin. Eine Kriegsdienstausbildung mache ich nicht mit.“

Foto aus dem Nachlass von B. R.

Foto aus dem Nachlass von Berthold Rumold

Kleider machen Leute und kosten Geld, das man womöglich nicht hat

Oberammergau, 26.8.1957, an Ch. Rumold: „Lieb, und jetzt habe ich Dir noch etwas zu beichten. Bei dem Schwarzhandel mit den Schnitzeisen hatte ich etwas Geld hereinbekommen und nichts Schlaueres zu tun gewußt, als mir beim Schneider den Wunsch meiner materiellen Wünsche zu erfüllen, nämlich einen schwarzen Anzug zu bestellen. Leider wird er erst in drei Wochen fertig. Ausgerechnet jetzt. Ja, das Geld hatte ich hereinbekommen, aber vom diesmaligen Zahltag mußte zum Pech noch das meiste herhalten. Christl, Lieb, bitte halte auch das noch aus, nächste Woche zum 1. schicke ich fünfzig Mark.“

Ein ästhetischer Schürzenjäger im Reigen der Klischees

Berthold Rumold am 30.11.1979

Berthold Rumold am 30.11.1979 (Aufnahme: Horst Schlesiger, Bildrechte: Stadtarchiv Karlsruhe)

Warum kopierte mein Vater die „Gefesselte Hexe“ (1926) von Ernst Barlach? Warum liebte er es, in klischeehaften Sujets zu schwelgen? Warum schreckte er bildnerisch beinahe vor nichts zurück und hatte selbst im Fall des besoffenen Nachtwächters keinerlei Berührungsängste? Das Hemd des Applauses war ihm näher als der Rock des künstlerischen Renommees. Er wollte gefallen und (aner)kannte dabei keine Rang- und Klassenunterschiede irgendwelcher Art. So stand er künstlerisch den Gauklern und Artisten näher als den Predigern der Guten Form und den strengen Wächtern der ästhetischen Sitten. Seine ästhetische Moral erlaubte ihm jeden Seitensprung, was ihm die unter dem Pantoffel ihrer Doktrin werkbündelnden Kunst-Moralisten nicht verziehen haben.

Wilde Burschen hindern am Schreiben

Oberammergau, 24.6.1957, an Ch. Rumold: „Meine liebe Christl! Wenigstens einen Kartengruß aus meinem schreibmiseriablen Zustand. Und das Geld, das mir mit verschiedenen Ausgaben diesen Monat grad so unter den Fingern zerrann. Lieb, ich bin froh, daß Du gesund bist und Lothar. Ich wünsche Mutti gute Besserung. Hoffentlich wird der nächste Monat besser. Oft könnte ich verzweifeln, daß ich nicht fähig bin, ein ordentliches Familienleben zustande zu bringen. Da schreibe ich Briefe, die ich später gleich zerreiße. Tausend Grüße, Dein Berthold!“

Zwei Wochen zuvor, am 11.6.1957, war von seiner Schreibmiseriabilität noch nichts zu merken gewesen: „Meine liebe Christl! Wenn es doch ein ruhiges Zimmer gäbe … Kaum hab ich das jetzt in der Frühe um halb sechs Uhr geschrieben, da stolpert schon wieder unser Edmund herein und redet, wie’s die Bäuerlein eben gerne tun. Schatz, ich hab so heftig geschrieben, daß Du nicht kommen solltest, und dann sitzt man doch da und wartet und hofft. – Na, es gab wenigstens tatsächlich keine Geldausgaben. Im Augenblick ist es wirklich schlimm. Dauernd wechseln die Christusmodelle, mal ein Riemenschneider, dann ein normaler Oberammergauer, dann ein Würzburger. Das ist zwar interessant, aber als Stücklohnarbeit läßt es kein Geld zusammenbringen. Es ist bei uns jetzt auch so langsam über den Frühling hinausgegangen und die Wiesen duften und die Berge locken. Ich kaufte mir eine Wanderkarte, die mir am Sonntag schon guten Dienst geleistet hat. Ich möchte nicht in hochschnellenden Zügen so eine Bergtour beschreiben. Dazu müsstest Du hier sein und eine solche mitmachen. Da ist der Kofel doch ein kleines Felsle gegen das Wettersteingebirge. Ich fühle mich auch recht sicher am Berg und bei einiger Vorsicht wird auch nichts Unfallähnliches geschehen. Mein Lieb, für Dein schönes Päckchen und Euer beider lieben Gruß vielen, vielen Dank. Wenn nur die Bude nicht so voll von wilden Burschen gewesen wäre, ich hätte so gerne gleich geschrieben. Christl, mein Herz, bleib mir gut und gesund mit unserem Lothar. Gott behütet und vielmals gegrüßt und geküßt von
Deinem Berthold. Viele Grüße an Mutti und Siegfried!

Princessinnen haben ihren Preis oder: Wo (KU)IWKA war, sollte ZKM werden

Ein Briefumschlag mit Poststempel vom 22.5.1958 enthielt diese Original-Anzeige (vgl. unten: „Es ist ein Prinzessin!“):

Werbung der Fa. Keller und Knappich GmbH Augsburg für die 'Princess 200'

Werbung für die in Augsburg von Keller und Knappich GmbH (KUKA) hergestellte Flachschreibmaschine ‚Princess 200‘

Der Preis dieses feinen Maschinchens war horrend. Die Princess 200 mit Lederkoffer kostete 428,50 DM, bei Sofortzahlung 415,65 DM, das entsprach dem Monatslohn eines Fabrikarbeiters. Ratenzahlung (25, 19, 13, 7 oder 4 Raten) war möglich. Entschied man sich für die Zahlung in 25 Raten, erhöhte sich der Gesamtpreis um knapp 28% auf 531,25 DM. Über die Herstellerfirma Keller und Knappich (KUKA) liest man bei Wikipedia: „1970 fusionierten die beiden zur Quandt-Gruppe gehörenden Unternehmen KUKA GmbH und Industrie-Werke Karlsruhe AG (IMK) zur Industrie-Werke Karlsruhe Augsburg Aktiengesellschaft, kurz IWKA, mit Sitz in Karlsruhe, wobei die IWK auf die Metallpatronen AG zurückgeht.“ In der Hülle des alten IWKA-Gebäudes befindet sich heute das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM).

Eine Wanderung auf die Geierköpfe

Oberammergau, 27.10.1957, an Ch. Rumold: „Gestern machte ich eine wunderschöne Wanderung auf die Geierköpfe, das sind drei Zweitausender, die in Richtung Linderhof liegen und nicht so einfach zu besteigen sind. Um halb fünf fuhr ich mit dem Rad los. Ein schwarzer Himmel, bespickt mit Millionen Sternen lag fast bedrückend über dem Tal. Wenn kein Mond da ist, geht von den vielen Sternen keine Helligkeit aus und die Berge standen links und rechts und waren auch nicht gerade anheimelnd. Licht hatte ich keines am Rad und so fuhr ich im Dunkeln. Ich wollte mal wieder am Sabbat [dem Sonntag der Adventisten, L. R.] alleine sein – nun war ich alleine und die zuckenden Lichtstreifen der Sternschnuppen erschreckten einen immer wieder. An einem Bauernhaus fuhr ich vorbei, es stand einsam im Walde. Nein, dachte ich, wenn der Besitzer nicht zwei gute Hunde hat, ist es doch ein bissel gefährlich, hier zu wohnen. Um sechs Uhr war ich an der Landesgrenze und da begann es auch endlich zu dämmern und um halb sieben war ich am Fuße der Geierköpfe. Das Tal war hier hinten noch enger geworden und so düster es war, oben die Gipfel bekamen schon einen leichten Schein. Mein Rad stellte ich ins Unterholz und dann suchte ich den Pfad, aber nach zehn Meter brachte mir eine glatte Holzscheide schon den Erdboden fünf Zentimeter unter meine Nase. Na, das geht ja gut an, dachte ich, dachte aber auch gleich weiter, daß mir ein ganz reibungsloser Anfang auch nicht erwünscht ist. Ja, jetzt stieg ich und stieg und es wurde hell und ich bekam Hunger und ich setzte mich und aß und siehe unterm Essen sah ich wie schön hoch ich schon war und wie golden die Sonne die Gipfel umwarb. Ja, jetzt wurde der Tag schön. Immer höher ging der Weg und der Schnee auch. Ich stieg nämlich an der Nordseite, wenn’s da mal geschneit hat, bleibt der Schnee ein dreiviertel Jahr liegen, denn keine Sonne kann ihn auflecken, aber ich sah, daß ich bald hoch genug war, daß der Weg um den Berg herum führen konnte und ich somit in die schöne Sonne kam. Und es kam auch bald soweit. Am letzten Baumbestand standen noch zwei Hütten, in denen man übernachten konnte. Eine war offen. Es war die kleinere, ältere. Ganz roh gezimmert steht sie wuchtig da. Im Innern ist eine Seite zum Schlafen aufgebaut. Es sind in einem Meter Höhe waagrechte Balken so lang wie die Wand und ein Brett an der äußeren Seite, damit das dürre Tannenreißig, das als Matraze dient, und der Schläfer nicht herunterkollern. Ja, und dann lagen da noch Steine von einer offenen Kaminstelle. Alles ist geräuchert in der Holzhöhle. Die Schindeln auf dem Dachgebälk lassen die Sonne lustig durchblinzeln und bei schlechtem Wetter sicher auch den Regen. Nein, hier schlafen zu können, ist ein Kunststück. Also lassen wir diese Kunst den Hirten, die im Hochsommer hier ihr einsames Leben führen. Ich stieg weiter, immer den Pfad mit dem Instinkt suchend und lobte mich jedesmal, wenn ich an einer Stelle sah, daß ich ihn noch hatte und dann kam ich endlich in die Sonne. Es war mir ja nicht kalt, nein, im Gegenteil, ich schwitzte und hatte schon in der Hütte meine Wollweste mit Handschuhen liegen lassen, aber die Sonne zu spüren, tat so gut. Und nun wurde auch der Blick frei auf das Wettersteingebirge, die Zugspitze, die Alpspitze, den Waxenstein, den Eibsen, den Plausen, ja das ganze Tirol und Österreich lag im schönsten starken Sabbatmorgen vor mir ausgebreitet. Ach, wenn’s hier schon so herrlich mit der Aussicht war, wie schön würde da erst der Blick vom Gipfel sein. Also los, weiter auf den ersten Gipfel zu. Nun sind die Berge ja so gebildet, daß sie eine senkrechte Nordseite haben und eine weniger schwere Südseite und die Geierköpfe sind ein Massiv mit drei Gipfeln. Geht man auf dem Grat, so erreicht man die drei und kann gemütlich auf der Südseite zurückwandern. Ich hab’s so gemacht und es war wunderschön. Die Gemsen sind mir schon so vertraut, daß ich ihren Ruf nachahmen kann, da bleiben sie stehen und es kam tatsächlich eine bis auf fünf Meter heran. Aber dann machen sie plötzlich einen Sprung und wie die Wilde Jagd fliegen sie davon, daß der Boden donnert von dem sich lösenden Gestein unter den Füßen der ängstlichen Tiere. Aber sie sind so flink wie der Wind. Ja, ich war bis fünf Uhr wieder wohlbehalten und froh aber auch mit zittrigen Knien und brennendem Gesicht unten bei meinem Rad. Aber es war schön, der Spätnachmittag war so milde und ruhig, wenn ich mich umdrehte, lagen die Gipfel auf denen ich noch vor drei Stunden stand, so majestätisch und erhaben da und zeigten ihre faltige Nordseite als wollten sie sagen: Auf uns zu steigen bringt keiner fertig. Das Fahrrad rollte fast von alleine das Tal zurück, nur ab und zu mußte ich in die Padale treten. Die alten bekannten Berge zogen an mir vorbei. Ich hatte sie alle schon bestiegen. Die Sonne vollbrachte noch das Wunder des Alpenglühens und dann mußte ich bald wieder feste die Beinmuskulatur spielen lassen, um noch vor Dunkelheit nach Hause zu kommen. Auf meinem Zimmer angekommen, watschelte mir gleich Frau Strauß hinterher und sagte, daß ich eine Einladung von der Englischlehrerin bkommen hätte zu einem Tanzabend des Schulkurses. Aber ich war erstens zu müde, zweitens zu zufrieden und drittens hatte ich noch drei Mark in der Tasche, die für eine Woche reichen sollten. Und so legte ich mich gleich ins Bett und schlief auch bald ein.“

Es ist eine Princessin!

princess200

Die Reiseschreibmaschine ‚Prinzess 200‘ der Firma Keller und Knappich

Oberammergau, 22.5.1958, an Ch. Rumold: „Liebe Christl! Mit dieser Karte geht die eben eingetroffene Schreibmaschine weiter. Bitte kontrolliere, ob es die Pr. 200 / Lederkoffer / Perlschrift ist. Ich möchte das Paket nicht aufmachen, weil es so gut mit Stahlfedern verpackt ist. Herz, ich freue mich selbst darüber, daß wir sie nun haben. Sei herzlich gegrüßt von Deinem Berthold.“

Die Princess 200 erblickte das Licht meiner Welt also Ende Mai 1958. Schon einen Monat später (mit knapp drei Jahren) übte ich mich in ihrem Gebrauch: „Christl, hab vielen Dank auch an Lothar für eure beiden Briefe. Unser Lothar schreibt ja schon sehr schön. Soll er sich nur mit der Schreibmaschine vertraut machen, das ist das beste Handwerkszeug.“  (Brief vom 15.6.1958)

Mal schön, mal stolprig

Oberammergau, 2.8.1957, an Ch. Rumold: „Meine liebe Christl! Ich bekam beim Lesen Deines lieben Briefes ein ganz schlechtes Gewissen, denn während Du voll Sehnsucht an mich schriebst, spazierte ich ganz ruhig mit drei Frauen auf den Pürschling. Es waren Feriengäste, die bei uns in der Werkstatt schön eingekauft hatten, und weil meine Kumpels dabei die besten Verdiener waren, konnte ich für sie zum Dank den Frauen die Gegend zeigen. Es war aber trotzdem ein schöner Nachmittag. […] Ja, der Hans kommt am Sonntag für acht oder 14 Tage her und ich hoffe nur, daß das schöne Wetter weiter so anhält, damit ihm nicht die Zeit lange wird. Ich lasse ihn mal ziemlich alleine die schöne Natur hier erleben. er soll mal empfinden wie die Ruhe im Alleinesein ist. Vielleicht tut es ihm gut, vielleicht ist es ihm aber auch nicht recht. Mal sehen. Ich freue mich wenn er da ist. Es ist halt manchmal doch einsam und bei aller Freude, die ich mit den Kumpels habe, konnte ich doch noch nicht so was wie eine Kameradschaft schließen, denn die Wirtschaft mit ihrem Gestank ist nicht mein Milieu, in dem ich mich am Abend wohlfühle. Und am Sonntag Kundinnen spazierenführen ist doch zu gefährlich. Christl, Lieb, eben hab‘ ich das Geschriebene durchgelesen und es ist mir nicht ganz recht, daß ich das Schaffen mit den Leuten in den Worten so übertrieben habe. Vorgestern hatten wir die ganze Bude voll mit Leuten, die einen echten Ludwigshafener Dialekt sprachen und als ich sagte, daß ich auch von dort her bin, war das Hallo natürlich groß und ich mußte ihnen alles genau erklären, was wir hier machen und das ganze Drum und Dran. Dann wollten viele eine Schnitzarbeit mitnehmen, was mich zu der Arbeit brachte, mit so nahezu zehn Leuten und Kumpels zu verhandeln, aber mehr als ein Trinkgeld kam dabei nicht heraus. Im Gegenteil, meine Kumpels schimpfen jetzt mit mir, weil meine Landsleute so Geizkragen sind. Da läßt sich mit den Amerikanern eher ein Geschäft machen. So vergehen die Tage, mal ein bissel schöner und mal stolprig.“