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Ein ästhetischer Schürzenjäger im Reigen der Klischees

Berthold Rumold am 30.11.1979

Berthold Rumold am 30.11.1979 (Aufnahme: Horst Schlesiger, Bildrechte: Stadtarchiv Karlsruhe)

Warum kopierte mein Vater die „Gefesselte Hexe“ (1926) von Ernst Barlach? Warum liebte er es, in klischeehaften Sujets zu schwelgen? Warum schreckte er bildnerisch beinahe vor nichts zurück und hatte selbst im Fall des besoffenen Nachtwächters keinerlei Berührungsängste? Das Hemd des Applauses war ihm näher als der Rock des künstlerischen Renommees. Er wollte gefallen und (aner)kannte dabei keine Rang- und Klassenunterschiede irgendwelcher Art. So stand er künstlerisch den Gauklern und Artisten näher als den Predigern der Guten Form und den strengen Wächtern der ästhetischen Sitten. Seine ästhetische Moral erlaubte ihm jeden Seitensprung, was ihm die unter dem Pantoffel ihrer Doktrin werkbündelnden Kunst-Moralisten nicht verziehen haben.