Über Schuhsohlen, eine Fahrt mit der Isetta und den Rumold-Opa

BMW-Isetta, der Traumwagen für die Hochzeitsreise (Foto: Brian Snelson)

BMW-Isetta, der Traumwagen für die brieflich angedachte Hochzeitsreise anlässlich des vierten Hochzeitstages 1959  (Foto: Brian Snelson)

Oberammergau, 8.3.1958, an Ch. Rumold: „Ich hatte heute noch nichts gegessen, weil ich bis zum Nachmittag einen Christus schnitzen wollte, aber kurz vor zwei Uhr mußte ich doch etwas einkaufen. Orangen kaufte ich zuerst, denn das Obst hat mir spürbar geholfen. Dann ging ich zum Metzger und in der Bäckerei gab ich mir noch die Wahl zwischen einer Tafel Blockschokolade oder drei Schuhsohlen. Na, ich entschied für Schuhsohlen wegen der möglichen Darmstörungen und nach dem Milchgeschäftsbesuch ging ich noch auf mein Zimmer, vielleicht war ein kleines Briefchen von Dir da, daß Du Dich vielleicht über die Orchidee gefreut hast. Mit Freude sah ich natürlich Dein Päckle, ging aber gleich damit in die Werkstatt. Nun ist nur noch der Anderl bei mir und sein Radio verbreitet eine so schöne Stimmung im Raum, wie es halt eben möglich ist an Schönheitsgrad so alleine an der Front. Ach, Christl, mein Lieb, wenn ich gewußt hätte, daß das Geld für zwei Blumen reichte, dann hätte ich natürlich drei für dieses Jahr für Dich bestellt. Bei Fleurop ist das immer ein bissel eine ungewisse Sache. Im nächsten Jahr bringe ich Dir sie bestimmt selbst, vier Stück, und wenn wir gesund bleiben dürfen und keine Kriegszeiten sind, fahren wir sicher mit einer Isetta auf eine kleine Hochzeitsreise, und wenn sie auch nur einen Nachmittag dauert. Aber ein bissel was machen wir dann schon. Gell, mein Herz. Ja und heute Vormittag hab‘ ich noch nicht mal so recht an Dich gedacht, nur so kurz vorm Aufstehen an Dich wie Du vielleicht froh bist, daß Sabbat ist und etwas länger schlafen darfst und vielleicht die Orchidee von mir betrachtest. Ja, aber bei der Arbeit ging mir ein Brief von meiner Mutter durch den Kopf, den ich gestern erhalten habe. Unser Rumoldopa hat der Ilse vorgerechnet, daß sie nun schon zweitausend Mark bekommen hätte von ihm. Da war natürlich Feuer unter dem Dach. Es ist wahr, so etwas sagt man nicht, aber ich bin Opa trotzdem nicht böse, daß ihm mal der Mund durchgelaufen ist mit ein paar Vorwürfen. Ich wollte ihm gerne mal einen netten, bestimmt anständigen Brief schreiben, denn es ist doch wahr, daß man ihn gern so als Goldesel braucht und immer, wenn Ilse kam, hat er bis jetzt brav etwas gegeben.“