Im Konzert: Schubert, Bartok, Beethoven

Oberammergau, 16.3.1958, an Ch. Rumold: „Und denk nur, was ich mir am Freitagabend erlaubt habe. In Garmisch war ich im Konzert der Münchner Philharmoniker. Nun, das wäre an und für sich nicht so schlimm, aber ich hatte mir den besten Platz genommen für acht Mark. – Es war wunderschön. Mit Franz Schuberts Unvollendeter, es waren zwei Sätze, wurde der Abend eingeleitet und der Meister verstand es mit der reifen Romantik einem die Alltagsgedanken auszuziehen und gab ein kostbares Gefühl der Freude dafür. Es war aber auch eine Augen- und Ohrenweide, vom Balkon Mitte in der zweiten Reihe hatte ich einen Blick über den ganzen Saal und das Orchester. Die vielen Geigen und Kontrabaßgeigen und Flöten und Fagotte, die Hörner und Posaunen, die Harfe und ganz hinten vier Pauken um einen kleinen Mann gestellt. Den zweiten Teil füllte ein modernes Tonstück, eine Komposition von Bartok, aus. Das Stück wurde von einem Solisten mit Violine beherrscht und war von überraschend guten Gedanken modern auf klassischer Grundlage aufgebaut. Nun verstehe ich ja nicht viel von Musik, aber ich war doch ein bissel verzaubert. Ja und dann kam Beethovens Achte. Ich war nahe daran, enttäuscht zu sein. Ja es war Beethoven, meisterlich. Aber zu leicht, fast mozartartig. Er konnte das Moderne für mein Empfinden nicht übertrumpfen. Ich hatte auf das Packende des Bartoks nun ein Finale von Beethoven erwartet – aber es kam ein starker Mozart, ja, Mozart hat mich in ‚Don Giovanni‘ viel mächtiger gepackt. Doch ich erlaube mir da nicht zu viel Kritik. Es war doch ein sehr schöner Abend. Christl, mein Lieb, wärst du doch bei mir gesessen. Ich hatte den schwarzen Anzug an und das gute Hemd. Alles war sehr gut gekleidet. Aber die Musik hat mir doch eine Tür aufgetan und mich in eine wirklich schöne Welt sehen und hören lassen, von der ich nur zu gerne noch mehr hören möchte. Ich wurde von meinem Zahnarzt hingebracht und wir fuhren dann auch wieder gemeinsam zurück. In einem neuen Opel Olympia, wirklich prima fuhr der Wagen. Wir sausten nur so durch das tief verschneite Land. Ja, Schnee haben wir jetzt in Massen und alles hat ihn satt. Doch sicher ist bis Ostern der Frühling da.“