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Heiligabend mit Joseph

"Oberammergau, 20.12.1956 - Meine liebe Christl! Lieber Lothar! Die herzlichsten Grüße und Küsse sendet Euch zum diesjährigen Weihnachtsfest Euer Papa!"

„Oberammergau, 20.12.1956 – Meine liebe Christl! Lieber Lothar! Die herzlichsten Grüße und Küsse sendet Euch zum diesjährigen Weihnachtsfest – Euer Papa!“

Oberammergau, 25.12.1956, an Ch. Rumold: „Du mußt mir noch genau schreiben, wann du kommst, damit ich dich abholen kann. Es kann sein, daß du von Murnau aus mit dem Bus fährst, denn nicht alle Züge fahren durch bis nach Oberammergau. […] Das Land ist jetzt ganz weich in Schnee getaucht, vielleicht können wir an Sylvester in Garmisch einem Schispringen zusehen. Es wäre ja schön, könnten wir in einem Hotel oder Gasthaus ein Zimmer nehmen, aber die sind ja so unverschämt teuer. Eine Nacht kommt da mindestens auf zehn bis fünfzehn Mark. Na, beim Joseph werden wir auch gut aufgehoben sein. […] Gestern am heiligen Abend war ich mit Joseph den Tag über in der Werkstatt und als er um sechs weg ging, mußte ich auch bald das Schnitzeisen aus der Hand legen. Es hat wirklich alles seine Grenzen. Nun, ich machte es mir auf zwei Stühlen bequem und lauschte auf die Weihnachtsmusik, auf mein Inneres, und überstand den Abend doch so leidlich gut bis es Zeit war zum Schlafengehen. Heute schnitzte ich den ganzen Tag an einem Christuskopf, aber gegen fünf Uhr war mir doch der Arbeitsgeist ausgegangen und ich ging seit langem wieder mal ins Kino. ‚Santa Lucia‘ mit dem dicken Torriani wurde gegeben. Am Anfang mußte ich mich fast überwinden, wenn das fette Gesicht in Großaufnahme kam aber dann hatte man sich an ihn gewöhnt und er sang auch recht gut.“

Stille im Wechsel mit Poltern und Gaudimachen

Oberammergau, 17.11.1956, an Ch. Rumold: „Es macht mir die Arbeit viel Freude. Ich komme jetzt auch so nach und nach in die Schnitzweise der anderen Schnitzer hinein. Nur geht es mir noch viel zu langsam. Mit unserem Vorarbeiter, dem schon genannten jungen Mann, verstehe ich mich auch gut. Gestern saßen wir noch bis spät in die Nacht über einer Arbeit, wobei ich mit Freuden sehr viel lerne. Die anderen Kumpels bleiben alle mehr oder weniger derb wie es halt so ihre Art ist. Sie gehen gerne ins Wirtshaus. Sonntags bestimmt und unter der Woche mindestens einmal. Am nächsten Tag sitze ich dann mit Herrn Pankratz und unserem siebzigjährigen Opa in wohltuender Stille alleine in der Werkstatt. Dann holen wir auch im Radio die Musik oder Sendung, welche uns gefällt. Aber am folgenden Tag, wenn alle wieder da sind ist das Poltern und Gaudimachen dann um so größer. Es ist halt was arges wenn man so empfindlich ist. Das Wetter war bei uns in der letzten Zeit auch nicht gerade schön. Im Dorf ist der Schnee geschmolzen und der Nebel hängt oft den ganzen Tag zwischen den Bergen und kann nicht abziehen. Werden aber die Berge frei, dann sieht man wie in einer bestimmten Höhe der Wald weiß wird, wo also die Kältegrenze liegt. Ich hab einmal in einem Ganghoferbuch davon gelesen, daß das Frühjahr genau am Berg gezeichnet war. Das heißt, oben auf den Gipfeln lag Schnee. Etwas tiefer wurde der Wald schwarz bis unten am Bauernhof die Blumen blühten. Ach ja, du hast nach dem Hof von meiner Großmutter gefragt. Nein, ich war noch nicht dort. Uffing heißt das Dorf. Na, mal sehen, vielleicht wenn der Winter vorbei ist, schau ich mal hin.“

Der vaterlose Vater des vaterlosen Sohnes macht sich Gedanken über Vaterlosigkeit

Oberammergau, 10.11.1956: „Meine liebe Christl! Für deine beiden lieben Briefe und das süße Päckchen, sage ich dir von Herzen Dank. Christl, ich mache mir natürlich auch meine Gedanken über meinen Weg und bin zwar sehr unruhig, aber manchmal doch sehr zufriedenglücklich. Meine Arbeit macht gute Fortschritte. Neben mir sitzt ein Bildhauer von 40 Jahren. Er ist der Beste hier in der Werkstatt und einer der ersten Herrgottschnitzer im Ammergau. Dabei ist er ruhig und bescheiden. Ich halte mich gerne an ihn und er zeigt mir genauso gerne, wie er schnitzt. Lieb, das macht mich glücklich. Heute hatte ich mir vom Nachmittag auch einmal die Zeit genommen und einen Berg bestiegen. Es ist der ‚Kofel‚, der auf der letzten Ansichtskarte mit unserer Werkstatt im Hintergrund zu sehen ist. Er ist zwar nur ein Ausläufergipfel in der Hohen Bergkette der Alpen, aber man bekommt einen leichten Vorgeschmack von der Schönheit des Bergbezwingens. So ein Rundblick – ich wollte fast nicht mehr herunter.  Ja bei dieser Besteigung war ich auch glücklich. Es ist aber nicht das Gefühl vom Ferienglück, nein, es sitzt tiefer. Meine Lernbegierde ist unendlich und hier findet sie reichlich Nahrung. So geht es mir doch viel besser als auf dem Bau oder in der Fabrik. – Übrigens, wir sind in Oberammergau ungefähr 300 Schnitzer. Junge Männer wo du hin und naus schaust. Mit dem Arbeitseifer ist es bei ihnen nicht immer so gut bestellt wie in der ersten Woche, als ich herkam. Der Grund ihres Fleißes war damals, daß sie in der vorhergegangenen Kirchweihwoche dermaßen oft blau gemacht haben, daß sie es dann nachholen mußten und deshalb bis lange in die Nacht noch schnitzten. – Ich habe mich gefreut, daß du mir auch von Lothar etwas erzählt hast. Ich glaube, daß ich ihm fehle, jedenfalls denke ich selbst ja nur zu oft schmerzlich an eine vaterarme Kindheit.“

Weltaufgang Januar 1959 – und alles Land liegt in tiefstem Schnee

Die paplose Familie 1959, die große und die neue kleine Christl und Lothar, der liebe Bub.

Die papalose Familie 1959: die große und die neue kleine Christl (spätere Barbara) und Lothar, der „liebe Bub“.

Oberammergau, 9.1.1959, an Ch. Rumold:
„Über meine Tochter wurde natürlich [unter den Kumpels] gelacht und geredet, aber alle haben sich gefreut, ganz nebenbei muß ich natürlich für ein Faß Bier herhalten, aber das geht jedem so von uns, der in diese glückliche Lage kommt. Gell, meine Schrift ist schlecht, aber ich bin jetzt ein bissel müde in der Hand. Vielleicht ist auch die klimatische Umstellung daran schuld. Es schneite den ganzen Tag was der Himmel hergab und alles Land liegt in tiefstem Schnee. Christl, Lieb, ich möchte dich ja schon die ganze Zeit danach fragen, aber ein Satz nach dem anderen sprudelte mir aus der Feder: Herz, wie geht es dir? Hoffentlich bist du gesund und unsere kleine Christl auch.“

Lieber keine Karriere und kein zweites Kind oder: Das Schlimmste wäre, wenn es besser würde

Oberammergau, 21.6.1958: „Meine liebe Christl! Es ist Samstagabend und eigentlich wollte ich ins Kino, denn das Regenwetter nimmt mir die Lust zum Arbeiten, obwohl ich dringend zwei Kruzifixe fertig schnitzen sollte. Na, vielleicht habe ich morgen mehr Arbeitsgeist. Es ging in dieser Woche etwas turbulent zu hier in meinem Verhältnis zum Geschäft und es hätte nicht viel gefehlt, so wäre ich nächste Woche vorn im Laden Schnitzler und Verkäufer. Aber ich warte doch noch etwas ab, denn diese Stellung ist bei uns nichts so Normales wie sonst in einem Geschäft, es ist hier schon eine Schlüsselstellung. Mein Grünewaldrelief hat mich einen fühlbaren Sprung aufwärts gebracht im Betrieb. Zuerst wollte ich es ja nicht nach hier verkaufen, aber mein Chef bekam es zu sehen und war ganz begeistert davon. […] Sicher warst du bei meinem letzten Brief enttäuscht. Es ist schon eine Misere der augenblickliche Zustand unserer Ehe und wenn ich sehe, daß ich mich so langsam aber sicher im Geschäft hocharbeite, kann ich dir noch nicht einmal Hoffnung machen, so schnell von hier weg zu gehen. An Frau Goebel habe ich die hundert Mark wieder geschickt. Mit der hab ich mir’s verdorben, schrieb sie mir doch in einem Brief, daß eine Meisterstellung in ihrem Betrieb nur in Verbindung mit der Heirat einer ihrer Töchter frei würde. Na, ich hab dann etwas zu zynisch geantwortet, aber ich hatte mir halt wieder mal zu viel Hoffnungen gemacht.“

Zehn Tage später hatte meinen Vater die Nachricht erreicht, dass ein zweites Kind, meine Schwester Barbara, unterwegs war. Wie er in einem Brief vom 1.7.1958 schreibt, habe er zuerst an Abtreibung gedacht, daran, „etwas mit einem Arzt zu unternehmen“. Sein Bruder Günter (er schreibt konsequent „Günther“) verfüge gewiss über entsprechende Kontakte. Hatte es im oben auszugsweise wiedergegebene Brief vom 21.6. noch geheißen, er könne sich nun „langsam aber sicher im Geschäft hocharbeiten“, sieht er sich keine zwei Wochen später nicht dazu in der Lage „ein Kind und eine Frau zu ernähren […] und da soll nun gar noch ein Kind dazu kommen.“ Und weiter: „Wenn ich wenigstens einen anderen Beruf hätte. Von hier kann und will ich vor den nächsten zwei Jahren nicht weg. Ich beginne gerade, mich einzuarbeiten und will nicht wieder davonlaufen. Aber Christl, ich möchte auch nicht, daß du nach hier kommst. Ich kenne deine Abneigung gegen das Dorfleben nur zu gut und nichts wäre mir schrecklicher, als deine Unzufriedenheit neben mir.“ Mit anderen Worten: obwohl er im Begriff war, die ersten Stufen der Karriereleiter in einer (auch durch sein Zutun) prosperierenden Firma zu erklimmen, wäre es ihm lieber, das zweite Kind käme nicht zur Welt und auf keinen Fall will er, dass seine Frau und sein(e) Kind(er) zu ihm ins dörfliche Oberammergau (das damals durchaus etwas Weltläufiges gehabt haben muss) ziehen.

Eine Einladung nach Brüssel

Oberammergau, 17.3.1959, an Ch. Rumold: „Also ich wurde vorige Woche eingeladen, nach Brüssel zu kommen über Ostern. Nicht von einem Mädchen, nein, von zwei Mädchen und einem Mann. Es war ein Ehepaar (50 Jahre) mit der Mutter von fünfundsiebzig bei uns in der Werkstatt. Ich habe sie herumgeführt und ihnen noch ein bissel Oberammergau gezeigt, und als sie am Ende sagten, ich solle doch auch mal zu ihnen nach Belgien kommen, wußte ich natürlich nichts Schlaueres zu sagen als, es wäre schön, aber dazu habe ich gar kein Geld. Nun die Leute fuhren wieder weg und am Samstag kam ein Brief mit fünfzig Mark und ich solle doch kommen, sie haben ja ein Haus, in dem ich wohnen kann, und ein Auto, mit dem sie mir gerne mal Belgien und Brüssel zeigen wollten. Ja, Lieb, und so sehr ich mich auch vor dir schäme, ich würde trotzdem mal gerne hinfahren. […] So ein hagerer englischer Typ sind sie und sprechen auch Englisch. Also sehr freundlich und sorglos, wie es halt Leute sein können, denen es an Geld nicht fehlt.“

Meine Mutter lebte mit meinem knapp dreijährigen Ich und meiner zweieinhalb Monate alten Schester damals noch mit ihrer Mutter und ihrem Bruder zusammen in einer viel zu kleinen Wohnung in Karlsruhe-Rintheim im Haus ihrer Großeltern väterlicherseites. Erst ein halbes Jahr später zog sie mit uns Kindern in eine eigene Dachgeschoss-Wohnung am Rande der Karlsruher Oststadt. Offenbar reagierte sie auf die ex- bzw. egozentrischen Urlaubspläne meines Vaters weder gekränkt noch sonstwie irritiert, sondern nur (scheinbar oder tatsächlich) besorgt, wie aus dem gut gelaunten Brief meines Vater vom 21.3.1959 hervorgeht.

Das Belgien, das Meer und Brüssel

Oberammergau, 21.3.1959, an Ch. Rumold: „Meine liebe Christl! Es ist heute ein wunderschöner Frühlingstag und er macht mich ganz und gar optimistisch. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen machen, denn was soll mir bei den Leuten schon Übles geschehen, ich bin doch kein Kind mehr. Natürlich hatte ich vor allem die Herzen der beiden Frauen im Flug eingenommen, aber Schatz, ich bin viel zu abgöttisch in dich verliebt, als daß so zwei ältere Damen einen größeren Einfluß auf mich ausüben könnten. Aber Christl, Lieb, laß mich doch bitte mal das Belgien und das Meer und Brüssel sehen. Ich bin ja so neugierig darauf. Wohl ist mir nur nicht, daß du mit den beiden Kindern alleine zu Hause sitzen mußt. Ich schreibe dir wenigstens jeden Tag, was ich erlebt habe. Sonst ist diese Woche mit Arbeit ausgefüllt. Letzten Sonntag habe ich eine Schitour unternommen auf einen idealen Schneeberg. Wahrscheinlich war es heuer die letzte Möglichkeit, die Bretter zu benutzen, denn seit einigen Tagen knallt die Sonne so fest auf das Land, daß der restliche Schnee nur so dahin schmilzt. Hoffentlich bleibt das Wetter über Ostern.“

Das Radio ein- oder abschalten mit ihr

Oberammergau, 21.9.1959, an Ch. Rumold: „Ach, Christl, ich bin so nervös seit ich weiß, daß wir eine eigene Wohnung haben und ich hier sitze. Ich habe dir gestern zwar zwei Briefe geschrieben. Der erste war zu traurig und über dem zweiten bin ich eingschlafen. Ich wäre so gerne bei dir in der Wohnung und hätte gerne einmal einen richtigen Feierabend, so eine liebe Bummelei auf der Couch und höchstens das Radio ein- oder abschalten mit dir. Ach, Christl, ich habe dich so lieb und möchte es dir so gerne schön machen und bin auch so furchtbar eifersüchtig. Christl, in der letzten Zeit geht mir immer drängender meine Vorbereitung zur Meisterprüfung durch den Kopf. Wenn ich mit der Prüfung eine Lehrerstelle erreichen könnte, möchte ich die Konjunktur im Passionsjahr ausnutzen und mich auf der Schnitzschule richtig ausbilden lassen und nach Feierabend leicht verkäufliche gut bezahlte Modelle schnitzen. Sollte mir die Prüfung allerdings keine Tore zur Schule öffnen, dann bleibe ich vorläufig in der Firma. Schatz, bitte schreibe das Beiblatt mit der Schreibmaschine. Ich will doch einmal Gewißheit haben. In der Arbeit geht es jetzt gut. Meine modernen Formen finden bei den Filialleitern freudige Abnahme und der Chef drängt auf neue Sachen. Aber ich suche jetzt lieber den besten Weg für mich.“

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Ansichtskarte vom 28.9.1959: „Christl, mein Schatz! Vielen Dank für deinen lieben Brief. Ich hatte zwar eine gutbezahlte Woche, bekomme aber erst diesen Freitag das ganze Geld. Schatz, es geht mir so durchwachsen. Sei mit den Kindern auf das Liebste gegrüßt und geküßt, dein Berthold.“

 

Ein Gesplitter von Grau, Schwarz, Rot und Grün – und eine unvergessliche Bergtour

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„Christl, das Kleid hat mir gefallen, könnte das schön sein? Meine großformigen Modelle haben auf der [Frankfurter] Messe doch großen Anklang gefunden.“

Oberammergau, 8.10.1959, an Ch. Rumold: „Meine liebe Christl! Vielen herzlichen Dank für deinen lieben Brief. Ach Schatz, wenn ich ein Bild malen müßte von der augenblicklichen Zeit hier, gäbe es ein Gesplitter von Grau, Schwarz, Rot und viel, viel Grün. Ich habe in der Schnitzschule angefangen Zeichen- und Modellierkurse zu nehmen als Vorarbeit für die Meisterprüfung und sah, daß ich noch viel lernen muß. Und bin eifrig beim Lernen. Und bin doch mit einem Male so müde, so unendlich müde vom Alleinsein. Wenn mich mein Chef vorige Woche nicht zurück gehalten hätte, wäre ich nach Hause zu dir gefahren und hätte bei Kinsler Arbeit gesucht. Aber von geschäftlicher Schau aus wäre es wirklich nicht richtig, jetzt aufzugeben, wo es um die entscheidende Strecke bis zur Meisterprüfung geht. Sicher ist es im Augenblick eine heftige Krise und in vierzehn Tagen geht es wieder besser weiter. […] Vor drei Wochen hatte ich ja ein sehr schönes Wochenende. Es war ein so schönes Wetter am Samstag, daß ich mich kurz vor Mittag entschloß, alles zusammen zu packen und auf die Zugspitze zu steigen. Den Karl fragte ich anstandshalber, ob er mit komme, aber es war mir recht, alleine zu gehen. Alleine laufe ich nämlich so, wie es mir gefällt, mal schnell, mal langsam und auf der Zugspitze ist man bei schönem Wetter nicht alleine. So kam es auch, daß ich am Abend in der vollgepfropften Zugspitzhütte saß unter mehr oder weniger guten Bergsteigern, die mich auch bald einluden, einen wunderschönen, aber schwierigen Grat zu begehen. Sie hatten Seile dabei, es konnte da nicht allzuviel passieren. Ach, es war schön unter diesen Leuten zu sein. Es waren Studenten und Ingenieure aus Augsburg. Die Nacht auf der Hütte vergesse ich so schnell nicht. Wir schliefen auf und unter den Tischen und Bänken und mit wehen Gliedern und ein bissel Angst zogen wir schon vor Tage los. Zwölf Stunden lang waren wir zu siebt ein Herz und eine Seele. Wir lachten, schimpften und fürchteten uns miteinander und waren doch glücklich. Wäre jemand aus der Werkstatt dabei gewesen, ich hätte nicht so frei und froh sein können. Vor acht Tagen wollte ich den Weg mit Karl noch einmal gehen. Zum Glück überfiel uns auf der Zugspitze schlechtes Wetter, daß wir wieder zurück ins Tal mußten. Es ist nämlich ein blödsinniger Rivalenkampf unter Werkstattkameraden, den ich gar nicht mag.“

Hund, Katze, Maus? – Bärle!

Brief an Lothar Rumold aus Oberammergau am 30.11.1957

Brief an Lothar Rumold aus Oberammergau am 30.11.1957

Von mir – ich war damals 26 Monate alt – wurde „unser Butzi“ – Wau hin, Gebell her – ohne weiteres als Bärle identifiziert. Das konnte mein Vater, der von seinen Lehrern gelobte Zeichner, nicht auf sich sitzen lassen, weshalb er postwendend ein hundeähnlicheres Porträt des Butzi nachreichte und dazu schrieb: „Der Papa freut sich, daß du gesund und brav bist. Du hast gesagt, daß der Hund vom letzten Brief ein Bärle sei. Nun frag ich dich: Ist das ein Hund oder nicht?“ Aus heutiger Sicht würde ich sagen: beide Hunde sind deutlich als solche zu erkennen, wobei mir der erste Butzi mit seinen freundlichen Knopfaugen und seinen kurzen Beinchen viel besser gefällt als der schäferhundartige vom 6.12. mit seinem indignierten Blick und der zwischen den Zähnen heraushängenden Zunge.

Man sieht, warum ich in Butzi mein Bärle von damals wiedererkannte. Damals hatte das Bärle aber noch mehr Haare als auf dieser Aufnahme von heute. Ich auch.

Man sieht, warum ich in Butzi umstandslos mein Bärle wiedererkannte. Damals hatte es allerdings noch mehr Haare als auf diesem aktuellen Foto. Ich auch.