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Krongasse 11, Ludwigshafen am Rhein

In der Krongasse 11 in Ludwigshafen am Rhein lebten in den 1950er Jahren Berthold Rumolds Mutter Klara und seine jüngeren Geschwister Hans und Ilse.

In der Krongasse 11 in Ludwigshafen am Rhein wohnten in den 1950er Jahren Berthold Rumolds Mutter Klara und seine jüngeren Geschwister Hans und Ilse. 1953, um ein numerisch markantes Jahr herauszugreifen, war die Mutter Klara 50 Jahre alt, Schwester Ilse war 10 und Bruder Hans 13 Jahre. B. R. selbst war schon 24 und lebte 1953 in Aalen bzw. Lauchheim im östlichen Württemberg.

Mal schön, mal stolprig

Oberammergau, 2.8.1957, an Ch. Rumold: „Meine liebe Christl! Ich bekam beim Lesen Deines lieben Briefes ein ganz schlechtes Gewissen, denn während Du voll Sehnsucht an mich schriebst, spazierte ich ganz ruhig mit drei Frauen auf den Pürschling. Es waren Feriengäste, die bei uns in der Werkstatt schön eingekauft hatten, und weil meine Kumpels dabei die besten Verdiener waren, konnte ich für sie zum Dank den Frauen die Gegend zeigen. Es war aber trotzdem ein schöner Nachmittag. […] Ja, der Hans kommt am Sonntag für acht oder 14 Tage her und ich hoffe nur, daß das schöne Wetter weiter so anhält, damit ihm nicht die Zeit lange wird. Ich lasse ihn mal ziemlich alleine die schöne Natur hier erleben. er soll mal empfinden wie die Ruhe im Alleinesein ist. Vielleicht tut es ihm gut, vielleicht ist es ihm aber auch nicht recht. Mal sehen. Ich freue mich wenn er da ist. Es ist halt manchmal doch einsam und bei aller Freude, die ich mit den Kumpels habe, konnte ich doch noch nicht so was wie eine Kameradschaft schließen, denn die Wirtschaft mit ihrem Gestank ist nicht mein Milieu, in dem ich mich am Abend wohlfühle. Und am Sonntag Kundinnen spazierenführen ist doch zu gefährlich. Christl, Lieb, eben hab‘ ich das Geschriebene durchgelesen und es ist mir nicht ganz recht, daß ich das Schaffen mit den Leuten in den Worten so übertrieben habe. Vorgestern hatten wir die ganze Bude voll mit Leuten, die einen echten Ludwigshafener Dialekt sprachen und als ich sagte, daß ich auch von dort her bin, war das Hallo natürlich groß und ich mußte ihnen alles genau erklären, was wir hier machen und das ganze Drum und Dran. Dann wollten viele eine Schnitzarbeit mitnehmen, was mich zu der Arbeit brachte, mit so nahezu zehn Leuten und Kumpels zu verhandeln, aber mehr als ein Trinkgeld kam dabei nicht heraus. Im Gegenteil, meine Kumpels schimpfen jetzt mit mir, weil meine Landsleute so Geizkragen sind. Da läßt sich mit den Amerikanern eher ein Geschäft machen. So vergehen die Tage, mal ein bissel schöner und mal stolprig.“

Von einer fröhlichen Insel und einem, der auch zur See fahren will

Oberammergau, 23.2.1957, an Ch. Rumold: „Ich war heute am Bahnhof und habe mich nach der Zugverbindung orientiert und wenn alles gut verläuft, bin ich nächsten Samstagmittag 12:59 Uhr bei dir und Lothar. Lieb, in der Bahnhofshalle war ich mit meinem Empfinden schon in Karlsruhe, als da alles im Normaldeutsch sprach und sich ständig bewegte. Als ich dann wieder die Dorfstraße hinauf ging, mußte ich direkt umschalten. Na, ich werde glücklich sein, wenn du mit dem Buben auf mich wartest. […] Christl, gell, das letzte Mal war’s ein kurzer Brief. Ich hatte am Samstag gerade einen Brief an Waltraud fertig, da kamen meine Kumpels und ich zog mit ihnen los auf einen ‚Sportlerball‘. Es war auch ganz nett. Wir waren alle im Normalanzug vom Meister bis zum Stift und bildeten unter den Maskierten eine fröhliche Insel. Es war mir wirklich zum Vorteil während der ganzen Woche, denn jeder war froh, daß ich auch mal mitgemacht hatte und nicht stur wie sonst arbeitete. Es wurde schon vier Uhr am Sonntagmorgen bis ich ins Bett kam. Viel getrunken hatte ich nicht, aber es war trotzdem recht schön. Ja, der Waltraud habe ich geschrieben, denn ich wollte die Seemannsschule, die Günther besucht hat, wissen für unseren Hans. Der Bub rennt sich fast krankhaft den Kopf ein und will ab auf die See. Na, ich brauch diese übereilten Unmöglichkeiten ja nicht weiter auszuführen. Wenn ich ihn nur soweit bekomme, daß er zuerst seine Prüfung als Postler macht und dann diese Fachschule besucht und absolviert, damit er doch nicht als Hilfsarbeiter einmal umanander irren muß. An die Schule habe ich schon geschrieben und hoffe, daß sie baldigst antwortet.“

Was wird aus Hans und: einmal Gesichtnachschnitzen für zehn Mark bitte!

Oberammergau, 12.1.1957, an Ch. Rumold: „Meine Elternhausfamilie macht mir augenblicklich leider etwas Sorge, sogar ein bissel viel. Unser Hans [damals sechzehneinhalb] wird scheinbar nahezu unerträglich für meine Mutter und sich selber. Nun habe ich mir überlegt, ihn zu mir zu nehmen und bin deshalb schon hier auf dem Postamt gewesen. Der Postvorsteher sagte mir auch eine Verwendungsmöglichkeit für Hans im hießigen Postdienst zu. Es ist ja bei Hans so, daß er nicht gegen den Postberuf als solchen erbost ist, sondern gegen den Hitlerjugenddrill seiner Vorgesetzten. Letzteren schreibt man im gemütlichen Ammergau ja ganz klein. Ich hoffe auch, daß er hier ein ganz neues Lebensgefühl bekommen wird. Zuerst die Umwelt, die Berge, dann eine Verantwortung im selbständigen Berufsleben, und dann hoffe ich, daß sein Sinn keine Schulden zu machen, sondern zu sparen und somit langsam etwas zu erreichen, ihm auch seinen Beruf wieder schmackhaft macht. Ich werde alles daran setzen, ihm seinen Beruf zu erhalten, und nur wenn es gar nicht anders geht, soll er in München im Tierpark Hellabrunn die Möglichkeit, als Tierpfleger zu arbeiten, einmal in Augenschein nehmen. Das liegt ihm vielleicht am besten, wenn es nicht eine augenblickliche Jugendneigung ist. Ich halte ihn nämlich trotz allem für den geborenen Postler. Wenn wir ihn nur gut über die nächsten zwei Jahre bringen, dann bleibt er schon in seinem Beruf.“

Oberammergau, 2.2.1957, an Ch. Rumold: „Die Sache mit Siegfried [es ging wohl um den Verkauf einer geschnitzten Figur] kommt mir sehr gelegen. Sie hat nur den Nachteil, daß ich mit der Schnitzausführung nicht zufrieden bin. Es wäre mir recht, wenn Siegfried vorher zum Bildhauer Hartmann hinter der Marienkirche in der [Karlsruher] Südstadt ginge und bei ihm, mit einem Gruß von mir, das Gesicht etwas nachschnitzen ließe, aber höchstens zehn Mark dafür ausgeben soll.“