„Ich habe fest vor, mich hier zäh und fleißig hochzuarbeiten.“

Brief an Ch. Rumold aus Oberammergau, 24.11.1956: „Meine liebe Christl! Es ist Samstagabend und nur der Josef sitzt bei mir in der Werkstatt und schnitzt seine schönen Christuskörper. Heute habe ich um zwölf Uhr meine Eisen weggelegt und bin in mein Zimmer, um mal ein bissel zu schlafen. […] Ich hatte es nötig, denn es wird nahezu jeden Abend zwölf oder ein Uhr bis ich aus der Werkstatt komme. Ich fühle mich halt wirklich wohl und mein Hunger zu lernen ist unersättlich. Es macht mir viel Freude, an meinen Arbeiten zu sehen, wie sie von Stück zu Stück besser werden. Manchmal werde ich ja ungeduldig, wenn ich an einer bestimmten Körperstelle, z. B. gerade an den Rippen, einfach nicht unter einer Stunde fertig werde und die anderen schnitzen so schnell darüber hinweg. Allerdings kann man den Brustkasten dann auch ansehen, das entschädigt mich wieder. Um fünf Uhr werde ich müde und das Eisen legt keinen richtigen Schnitt mehr hin, dann gehe ich hinaus aus der Werkstatt und schnappe auf einem schönen Waldweg frische Luft und wenn ich etwas verzagt bin, weil es mir noch nicht schnell genug geht, so geben mir die Berge mit ihrem großen Anblick immer wieder neue Arbeitsfreude. Ich stehe noch immer auf 75 Mark in der Woche. Das ist aber brutto und ausbezahlt bekomme ich 66,66. In einer Woche komme ich bestimmt um einen Christus höher, daß ich dir sechzig Mark in der Woche schicken kann. […] Wir, d. h. gerade unser Geschäft braucht dringend neue Modelle. Wir waren noch vor einigen Jahren das führende Geschäft in Oberammergau, wurden aber von einem lebendigen Meisterbetrieb überholt. Der Andere bringt immer neue Gedanken ins Holz und wenn sie auch nicht besonders geistreich sind, so bieten sie doch der Kundschaft eine reiche Auswahl, für jede Gelegenheit das Passende zu schenken. Ich habe fest vor, mich hier zäh und fleißig hochzuarbeiten. Zum Glück verstehe ich mich bis jetzt mit allen Leuten sehr gut und will’s auch so weiter halten. […] Bei aller Vielzahl der Gedankengänge kommt immer wieder meine große Liebe zu dir und dem Buben und eine andere Liebe zu der Arbeit als Holzbildhauer durch. Ich weiß, daß beides unauslöschlich in mir lebt und hoffe, daß die Zeit auch Rat mit sich bringt.“