Archiv der Kategorie: Das Werk
Die Hochzeit zu Kanaan (2)
„Die Hochzeit zu Kana ist eine Wundererzählung aus der Bibel, die davon berichtet, wie Jesus von Nazaret als Gast einer Hochzeitsfeier Wasser in Wein verwandelt.“ (Wikipedia) Breite (Länge) das Reliefs ca. 2 Meter (Werkstatt-Foto).
Der Sonnengesang des Franz von Assisi
„Der Sonnengesang ist ein Gebet, das Franz von Assisi im 13. Jahrhundert verfasste. Es preist die Schönheit der Schöpfung und dankt Gott dafür.“ (Wikipedia)
Ein ästhetischer Schürzenjäger im Reigen der Klischees
Warum kopierte mein Vater die „Gefesselte Hexe“ (1926) von Ernst Barlach? Warum liebte er es, in klischeehaften Sujets zu schwelgen? Warum schreckte er bildnerisch beinahe vor nichts zurück und hatte selbst im Fall des besoffenen Nachtwächters keinerlei Berührungsängste? Das Hemd des Applauses war ihm näher als der Rock des künstlerischen Renommees. Er wollte gefallen und (aner)kannte dabei keine Rang- und Klassenunterschiede irgendwelcher Art. So stand er künstlerisch den Gauklern und Artisten näher als den Predigern der Guten Form und den strengen Wächtern der ästhetischen Sitten. Seine ästhetische Moral erlaubte ihm jeden Seitensprung, was ihm die unter dem Pantoffel ihrer Doktrin werkbündelnden Kunst-Moralisten nicht verziehen haben.
Feldkreuz bei Grünwettersbach
St. Wolfgang in Hamberg
Chorraum der Christkönig-Kirche in Pfinztal-Berghausen
Die Grundidee bei diesen fünf Relieftafeln aus dem Jahr 1990 war, Altes und Neues Testament sinnfällig miteinander zu verbinden: das Alpha (die Schöpfung der Welt) mit dem Omega (das Neue Jerusalem), den Auszug (des erwählten Volkes) aus Ägypten mit dem Einzug (Jesu) in Jerusalem.
Die zurückhaltende Strenge und kühle Schlichtheit der ab 1964 erbauten Betonkirche steht in deutlichem Kontrast zum warmen Ton des Lindenholzes und den expressiven Turbulenzen der dargestellten Inhalte.
Für meinen Vater und mich war die Entstehungszeit dieser Reliefs eine Zeit des permanenten Konflikts, wobei unsere Auseinandersetzungen schon mit meinem offziellen Eintritt in die Werkstatt 1989 begonnen hatten und bis zum Tode meines Vater Anfang 1992 andauerten. Weder im Hinblick auf die Geschäftsführung noch in künstlerischen Fragen waren wir uns einig. So fand ich die für die Berghausener Tafeln im voraus vereinbarte Summe skandalös niedrig und den ästhetischen Gestus der Reliefs für den Ort unpassend. Natürlich hatte ich recht, natürlich hatte ich nicht recht.
Chorkreuz St. Martin 1980
Berthold Rumold: Chorkreuz St. Martin (Lindenholz), Karlsruhe-Rintheim, 1980, gestiftet von Julius Augenstein
Die Hochzeit zu Kanaan
Später Kreuzweg als visueller Schlussakkord
Die Arbeit wurde nicht mehr ausgeführt. Ein Kreuzweg besteht in der Regel aus 14 räumlich linear angeordneten Einzeldarstellungen, die von den Gläubigen bzw. den Betrachtern nacheinander meditativ-rezeptiv abgegangen werden können. Das Zugleich des Bildes widerspricht bei der von meinem Vater Berthold Rumold gewählten Darstellungsvariante dem zeitlichen Nacheinander des unterstellten historischen Ablaufs. Die drehbuchartig narrativ unterscheidbaren Einzelszenen von der Festnahme bis zur Grablegung Christi werden als ein einziges Gesamtgeschehen in situativer Synopse zu einem einzigen Gesamtbild arrangiert. Dadurch fehlt aber der pseudo-fotografische Charakter der konventionellen Stationen-Bilder. An seine Stelle tritt das „Abbild“ eines komplexen Ereignisses höherer, symbolischer Ordnung, bei der die räumliche Gliederung einer zeitlichen Gliederung korrespondiert. Musikalisch gesprochen, hat man es nicht mit einer Tonfolge, sondern mit einem Akkord, nicht mit einer Melodie, sondern mit einem Cluster zu tun, wobei das wandernde Augen durchaus in der Lage ist, den inhärenten melodisch-linearen Charakter der bildkünstlerischen Komposition zu rekonstruieren.